Fluktuation im Unternehmen
Bedeutung, Ursachen und Gestaltungsmöglichkeiten
Was bedeutet Fluktuation im Unternehmen?
Die Fluktuation beschreibt das Ausscheiden von Mitarbeiter:innen aus einem Unternehmen. Dies kann beispielsweise durch Kündigung vonseiten der Mitarbeiter:innen oder des Unternehmens oder auch durch einen internen Wechsel geschehen. Aber auch natürliches Ausscheiden durch Renteneintritt, Krankheit oder Tod kann ein Grund sein.
Grundsätzlich ist die Fluktuation ein ganz normaler Vorgang im Betrieb. Eine hohe Mitarbeiterfluktuation kann jedoch bedeuten, dass etwas in der Unternehmenskultur nicht stimmt. Zudem muss Ersatz für die gegangenen Mitarbeiter:innen gefunden und eingearbeitet werden, was viele Ressourcen kostet. Personalverantwortliche haben daher großes Interesse daran, die Fluktuationsrate in einem angemessenen Rahmen zu halten.
In diesem Artikel erläutern wir, wie die Fluktuationsrate berechnet wird, welche Formen von Fluktuation wir unterscheiden und welche Ursachen der Fluktuation von Mitarbeiter:innen zugrunde liegen. Außerdem werfen wir einen Blick darauf, welche Maßnahmen die Fluktuation eindämmen können und wie Sie Ihre Mitarbeiterbindung durch eine erfolgreiche Lernkultur stärken.
Fluktuationsanalyse unterstützt individuelles Retention Management
Die Fluktuationsrate oder Fluktuationsquote ist eine wichtige Kennzahl im Unternehmen. Sie drückt aus, wie viele Mitarbeiter:innen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums den Betrieb verlassen haben. Die Fluktuationsrate kann für das gesamte Unternehmen oder für einzelne Abteilungen berechnet werden – pro Jahr, pro Quartal oder für eine andere Periode. Eine hohe Fluktuationsquote deutet häufig auf Probleme in der Mitarbeiterbindung hin und sollte daher immer genau analysiert werden.
Als Basisformel gilt: Die Anzahl der Personalabgänge geteilt durch die Mitarbeiterzahl multipliziert mit 100 ergibt die Fluktuationsrate. Es können jedoch unterschiedliche Berechnungsansätze gewählt werden – zwei gängige sind die BDA- und die Schlüter-Formel.
Berechnung mit der
BDA-Formel
Dieser Ansatz wurde von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erarbeitet. Darin teilt man die freiwilligen Abgänge durch den durchschnittlichen Personalbestand in einem festgelegten Zeitraum.
Fluktuationsrate = freiwillige Personalabgänge / durchschnittliche Mitarbeiterzahl × 100
Berechnung mit der Schlüter-Formel
Die Formel nach Helmut Schlüter verwendet statt der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl den Personalstand zu Beginn der Periode und addiert die Zugänge im gewählten Zeitraum.
Fluktuationsrate = Personalabgänge / (Mitarbeiterzahl zu Beginn der Periode + Zugänge) × 100
Verschiedene Formen der Fluktuation
Es gibt unterschiedliche Arten der Fluktuation:
Natürliche
Fluktuation
Dazu zählt das Ausscheiden von Mitarbeiter:innen zum Beispiel durch den Ablauf von befristeten Verträgen, durch Renteneintritt, Arbeitsunfähigkeit oder Tod.
Unternehmensinterne Fluktuation
Wenn Mitarbeiter:innen innerhalb ihres Unternehmens die Stelle wechseln, wird dies als unternehmensinterne Fluktuation bezeichnet.
Unternehmensfremde Fluktuation
Hierunter fallen Kündigungen durch Mitarbeiter:innen oder durch das Unternehmen sowie Austritte durch Aufhebungsverträge.
Während die ersten beiden Formen der Fluktuation eher unproblematisch sind, kann die unternehmensfremde Fluktuation Defizite in der Unternehmenskultur aufzeigen und Hinweise liefern, wie zufrieden beziehungsweise unzufrieden die Mitarbeiter:innen sind. Im Folgenden soll es genau um diese Form der Fluktuation gehen. Wir erklären, welche Gründe dahinterstecken und wie Unternehmen darauf reagieren können.
Zwei Ursachen für eine hohe Fluktuation im Detail erläutert
Unternehmen mit einer hohen Fluktuationsrate sollten den Gründen auf die Spur gehen. Pauschal lässt sich die Frage nach dem Warum jedoch nicht beantworten. Zu unterschiedlich sind die Ursachen und Beweggründe für eine Kündigung. Neben persönlichen Motiven wie einer beruflichen Neuorientierung, der Geburt eines Kindes, einem zu langen Arbeitsweg oder einer hohen Arbeitsbelastung spielen häufig strukturelle Probleme im Unternehmen eine Rolle: etwa mangelnde Führungsqualitäten bei Vorgesetzten, kein oder unbefriedigendes Onboarding, fehlende Förderung und Perspektiven, unflexible Arbeitszeiten oder mangelndes Vertrauen.
Wir wollen auf zwei Faktoren näher eingehen, die zu den derzeit wichtigsten Stellschrauben gehören, wenn es um die Mitarbeiterzufriedenheit und letztlich die Höhe der Fluktuationsrate geht.
Unternehmenskultur – der Mensch im Mittelpunkt
Weltweit legen Jobsuchende und Mitarbeiter:innen Wert auf eine starke Unternehmenskultur. Und damit ist nicht der Kickertisch im Büro gemeint. Es geht vielmehr darum, den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Durch flexible Arbeitsmodelle, höhere Ziele in puncto Diversität, Inklusion und Zugehörigkeit, Programme zum Mitarbeiterwohlbefinden, Weiterbildungsmöglichkeiten und andere Angebote, die das Leben und die Arbeit der Angestellten verbessern. Unterm Strich wünschen Beschäftigte sich eine gute Work-Life-Balance und Erfüllung im Berufsleben – auch durch mehr Flexibilität, wenn es darum geht, wo, wann und wie sie arbeiten. Werden die Erwartungen nicht erfüllt, ist das für viele ein Grund, ihren Arbeitgeber zu verlassen.
Weiterbildung – mehr Zufriedenheit durch persönliches Wachstum
Entscheidend für eine hervorragende Unternehmenskultur ist noch ein weiterer Faktor: die Weiterbildungsmöglichkeiten im Unternehmen. Diese zeigen Mitarbeiter:innen Aufstiegspotenziale und Perspektiven auf und sorgen wiederum für eine höhere Zufriedenheit im Job. Und schlussendlich für eine geringere Fluktuation. Oder anders formuliert: Wenn Entwicklungschancen fehlen, kann dies die Motivation und Zufriedenheit unter den Beschäftigten senken und sie dazu veranlassen, sich in einem anderen Unternehmen zu verwirklichen.
Wichtig ist, dass Personalverantwortliche klare Ziele festlegen, bevor sie mit People Analytics und Fluktuationsanalysen starten. Sie sollten genau wissen, welche Fragen sie beantworten möchten, und entsprechend diejenigen Personalkennzahlen sammeln, die sie dafür benötigen. Ebenso empfiehlt es sich, interne Benchmarks zur Mitarbeiterfluktuation einzuführen, die die Entwicklung längerfristig darstellen: Hat sich die Mitarbeiterbindung verbessert? Greifen die umgesetzten Maßnahmen? Wenn sich Daten im Zeitverlauf vergleichen lassen, können Personalverantwortliche diese wichtigen Fragen beantworten und erhalten eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die weitere Retention-Management-Strategie.
Fluktuation senken – aber wie?
Die Ursachen für eine erhöhte Fluktuation zu verstehen ist der erste Schritt, um sie einzudämmen. Dazu braucht es verlässliche Daten. Trennungsgespräche mit ausscheidenden Mitarbeiter:innen können Aufschluss darüber geben, warum jemand das Unternehmen verlässt. Wichtig ist: Das Gespräch sollte erst dann stattfinden, wenn der Prozess rund um die Kündigung abgeschlossen ist. Damit die Person frei sprechen kann und Sie die wirklichen Beweggründe für ihren Weggang erfahren.
Durch die Auswertung der so gesammelten Informationen können Sie klare Muster und Zielgruppen definieren – und die passenden Maßnahmen ergreifen, um die Fluktuationsrate zu senken. Dazu gehören zum Beispiel:
- Führungsqualitäten durch Kommunikationstraining und Weiterbildung fördern
- Aufgaben oder Arbeitsbelastung anpassen
- Gehalt und Leistungen erhöhen
- Homeoffice und mobiles Arbeiten ermöglichen
- Flexible Arbeitsmodelle einführen und Work-Life-Balance unterstützen
- Onboardingprozess verbessern
- Feedbackgespräche etablieren
- Stellenanzeigen präzise formulieren und passende Talente einstellen
- Interne Mobilität fördern
- Karrierechancen und Perspektiven aufzeigen
- Lern- und Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen
- Miteinander und Zusammenarbeit durch Teambuilding stärken
- Inklusion und Diversität sicherstellen
- Motivation und Wohlbefinden durch Anerkennung steigern
- Starke Werte leben und eine wertschätzende Unternehmenskultur etablieren
Für alle Maßnahmen und Strategien gilt: Flankieren Sie sie mit den richtigen Kennzahlen, um ihren Erfolg messen zu können. Auch regelmäßige, anonyme Mitarbeiterumfragen liefern Ihnen ein gutes Bild der Stimmung im Unternehmen.
Remote-Arbeit und Fluktuation – Mitarbeiterbindung im Homeoffice
Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Angst, dass sich Mitarbeiter:innen entfremden, wenn sie von zu Hause aus arbeiten, treibt viele Arbeitgeber um. Nicht immer zu Unrecht. Das Marktforschungsinstitut Gallup beobachtet bei Beschäftigten, die in der Pandemie übereilt ins Homeoffice wechselten, eine deutliche höhere Fluktuationsneigung als bei Mitarbeiter:innen, die schon vor Corona remote arbeiteten. Grund ist häufig die Kommunikation von oben. Führung auf Distanz ist eben nicht das gleiche wie Leadership vor Ort.
Gerade wenn Beschäftigte ortsunabhängig arbeiten, spielt die Kommunikation von Vorgesetzten eine entscheidende Rolle. Führungskräfte, die ehrliches Interesse zeigen, Feedback geben und einholen, die zuhören und Sensibilität an den Tag legen sowie Vertrauen schenken und Sicherheit vermitteln, haben eine gute Chance, Mitarbeiter:innen zu binden und ihre Motivation und Leistungsbereitschaft zu steigern.
Auch ein Wahlangebot aus Präsenzarbeit und Remote-Arbeit kann helfen, Talente zu halten und die Fluktuation einzudämmen. Denn allen Vorteilen zum Trotz: Das physische Treffen kann eine Videokonferenz nicht gänzlich ersetzen. Daher sind gerade bei Unternehmen, die verstärkt oder ausschließlich auf Remote-Arbeit setzen, persönliche Zusammenkünfte ein wichtiger Baustein, um den Zusammenhalt zwischen Kolleg:innen und die Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken. Teamevents, Teambuildingmaßnahmen und attraktive Arbeitsumgebungen, die Kollaboration und Austausch fördern, tragen zum Wir-Gefühl bei und helfen, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern.
Unternehmen, die nicht wissen, was ihre Mitarbeiter:innen brauchen, um sich in der hybriden Arbeitswelt sicher, motiviert und wertgeschätzt zu fühlen, sind gut beraten, dies durch Mitarbeiterfeedback herauszufinden.
Kann Fluktuation auch Vorteile bringen?
Eine gesunde Mitarbeiterfluktuation bietet auch Chancen für Unternehmen. Neue Kolleg:innen bringen neue Perspektiven und Kompetenzen in die Firma. Dieser Wissenstransfer kann die Kreativität und Innovationskraft im Unternehmen ankurbeln und entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen. Ein frischer Blick auf die Organisation und Strukturen des Unternehmens hilft außerdem, Probleme zu erkennen, die bisher hinter der Betriebsblindheit langjähriger Angestellter verborgen blieben. So können wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht werden, die sich ohne den „Blick von außen“ vielleicht nicht realisieren ließen.
Auch in die andere Richtung kann die Fluktuation vorteilhaft sein: Dann nämlich, wenn Unternehmen Stellen abbauen und Kosten reduzieren müssen. Freigewordene Positionen, die nicht mehr nachbesetzt werden, führen langfristig zu einer kleineren Belegschaft. So lassen sich durch einen allmählichen, natürlichen Prozess Ausgaben mindern, ohne Massenentlassungen durchzuführen. Vorsicht ist dennoch geboten: Jeder Personalabbau kann sich negativ auf Motivation und Engagement der Mitarbeiter:innen auswirken – und letztlich für weiteres Ausscheiden von Mitarbeiter:innen und eine noch höhere Fluktuationsrate sorgen.
Neue Studien und Strategien rund um die Mitarbeiterfluktuation
Der Studie „Global Talent Trends 2022“ der Unternehmensberatung Mercer zufolge rechneten mehr als zwei Drittel der Personalverantwortlichen im letzten Jahr mit einer höheren Fluktuation als üblich. Ein Trend, den eine Umfrage von EY auch für die nähere Zukunft bestätigt: Laut der Studie „Work Reimagined 2022“ werden 38 Prozent der deutschen Beschäftigten im nächsten Jahr wahrscheinlich ihren Job kündigen.
Das liegt mitunter daran, dass die Pandemie ein neues Zeitalter eingeläutet hat. Remote-Arbeit ist für Mitarbeiter:innen eine Erwartungshaltung geworden: 84 Prozent möchten mindestens zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten. Der Fachkräftemangel verleiht diesem Anspruch Aufwind. Denn solange das Überangebot an Jobs bestehen bleibt, bleibt auch der Wechselwille bei den Beschäftigten.
Damit Organisationen nicht den Anschluss verlieren, gilt es, die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen wahrzunehmen und das Angebot an veränderte Anforderungen anzupassen. Hybride Arbeitsmodelle gehören definitiv dazu. Ebenso müssen Unternehmen dem Wunsch ihrer Beschäftigten nach Weiterbildung gerecht werden und eine starke Unternehmenskultur etablieren, die das Wellbeing der Mitarbeiter:innen ins Zentrum rückt. Fakt ist: Die Ansprüche an den Job haben sich geändert. Beschäftigte möchten auch ihre Wertvorstellungen im Unternehmen wiederfinden. Um Toptalente zu gewinnen und zu halten, müssen daher Sinnhaftigkeit, Work-Life-Balance, Lernen und Wohlbefinden stärker in den Fokus genommen werden. Und es braucht hybride Arbeitswelten mit Führungs- und Kommunikationsstärke, die Teams motivieren und ihre Identifikation mit dem Arbeitgeber stärken.
Niedrigere Fluktuationsrate dank starker Lernkultur
Für die EY Jobstudie 2021 zum Thema Karriere und Wechselbereitschaft gaben 27 Prozent der Befragten an, dass bessere Weiterbildungsmöglichkeiten sie zu einem Arbeitgeberwechsel motivieren könnten. Das ist mehr als ein Viertel der Beschäftigten. „Lernen und Fähigkeiten“ nimmt in der Studie „Work Reimagined 2022“ außerdem Rang zwei als Antwort auf die Frage ein, welche Faktoren dafür sorgen, dass Menschen sich in einem neuen Umfeld wohlfühlen. Die persönliche Entwicklung spielt also eine entscheidende Rolle in der Mitarbeiterbindung und bei der Senkung der Fluktuationsrate. Unternehmen tun daher gut daran, eine Lernkultur zu schaffen, mit der ihre Beschäftigten wachsen können.
Dabei geht es nicht nur darum, Lerninhalte und Fortbildungen zur Verfügung zu stellen. Der Schlüssel liegt in einer unternehmensweiten Strategie, die von Führungskräften unterstützt und umgesetzt wird. In einer positiven Lernkultur werden klare Entwicklungsziele festgelegt. Es gibt Regeln, wann und wieviel während der Arbeitszeit gelernt werden darf. Und regelmäßiges Feedback, das Fortschritte und Wachstum der Mitarbeiter:innen widerspiegelt. Ein Mix aus unterschiedlichen Lernformen scheint dafür ideal – von E-Learning-Angeboten über selbstorganisiertes Lernen bis hin zum gemeinsamen, informellen Lernen sollten verschiedene Ressourcen und Wege verfügbar sein, um die individuelle Weiterbildung zu fördern. Mentoring-Programme können die Strategie ergänzen.
Das Resultat: Ein Umfeld, das Weiterbildung und Karrierechancen im Betrieb fördert, verbessert nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch das Unternehmensergebnis. Denn agilere Teams erzielen höhere Umsätze und sind anpassungsfähiger bei Veränderungen. So profitieren beide Seiten vom Lernen: die Beschäftigten und das Unternehmen.